Kurz & knapp: E-Highway
Ein E-Highway ist eine Autobahn (oder ein Autobahnabschnitt), die auf einer Fahrspur mit Oberleitungen versehen ist. Spezielle Hybrid-Lkws können mittels Stromabnehmern den Strom aus diesen Leitungen in ihren Elektromotor leiten und so elektrisch betrieben werden.
Eine Aufzählung von Pro- und Kontra-Argumenten zum E-Highway finden Sie hier.
Das Konzept des E-Highways befindet sich sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern noch in der Testphase. So ist z. B. seit Mai 2019 eine E-Highway-Teststrecke in Hessen auf einem Abschnitt der A5 in Betrieb. In der ersten Jahreshälfte von 2020 soll zudem der Regelbetrieb auf einer Teststrecke in Schleswig-Holstein starten und eine dritte Teststrecke in Baden-Württemberg befindet sich bereits in Planung.
E-Highway – so funktioniert die elektrische Autobahn
Inhaltsverzeichnis
Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einhalten zu können, ist vor allem eine radikale Reduzierung des menschengemachten CO2-Ausstoßes notwendig. Daher suchen zahlreiche Nationen in allen nur denkbaren Bereichen nach Alternativen zur Rohstoffverbrennung, um die Emissionen zu verringern. Im Verkehrssektor bedeutet dies vor allem eine Abkehr vom Verbrennungsmotor und stattdessen ein Umschwenken auf andere Technologien, wie z. B. die Elektromobilität. Ein Konzept, das hierbei seit einigen Jahren verfolgt wird, ist der sogenannte E-Highway.
Dabei handelt es sich um eine Autobahn, auf der über einer der Fahrspuren elektrische Oberleitungen installiert sind. Speziell ausgestattete Hybrid-Lkws können hier vom Verbrennungs- in den Elektrobetrieb umschalten.
Dies funktioniert folgendermaßen: Sensoren auf dem Dach des Lkws erkennen, sobald dieser einen E-Highway bzw. eine Fahrspur mit Oberleitung befährt. Dies führt zum automatischen Ausfahren der Stromabnehmer, welche die Oberleitung berühren und von dort den Strom direkt zum Elektromotor und zur Batterie des Lkws leiten. Fährt dieser vom E-Highway ab oder verlässt er die Spur mit der Oberleitung (z. B. beim Überholen), schaltet sich entweder die Batterie ein und speist den Elektromotor weiter mit Strom oder der Lkw geht wieder in den Verbrennungsbetrieb mit Dieselmotor über.
Vor- und Nachteile des E-Highways
Der Test für den weltweit ersten E-Highway startete in Schweden im Jahr 2016. Und auch in Deutschland gibt es mittlerweile vereinzelte Autobahnabschnitte mit Oberleitungen, auf denen die Technik getestet wird. Aber ist dieses Konzept wirklich zukunftsweisend? Als Pro-Argumente für den E-Highway werden in der Regel folgende Sachverhalte genannt:
- Jede Lkw-Fahrt, die mit einem Elektro- anstelle eines Verbrennungsmotors betrieben wird, ist eine Fahrt, bei der keine Abgase ausgestoßen werden. Somit reduzieren sich an dieser Stelle die Schadstoffemissionen, was sowohl der Umwelt als auch dem Klima zugutekommt.
- Die Technologie und das Autobahnnetz sind bereits vorhanden und können genutzt werden. Der E-Highway bietet so eine schnelle Lösung des Klimaproblems, die sich rasch umsetzen lässt.
- Dadurch, dass der Strom für den Elektrobetrieb aus den Oberleitungen stammt und der Lkw somit während der Fahrt geladen wird, entfallen regelmäßige Ladestopps, wie sie für herkömmliche Elektro-Fahrzeuge notwendig sind. Die Lkw-Fahrer können mehr ihrer Arbeitszeit auf das tatsächliche Fahren verwenden und müssen nicht auch noch die Zeit für das Aufladen berücksichtigen. Obendrein werden so weniger Elektro-Ladestationen für Lkws benötigt, welche aufgrund der erforderlichen Stellflächen viel Platz einnehmen.
- Ein Lkw, der während der Fahrt neuen Strom „tankt“, kommt mit einer kleineren Batterie aus als herkömmliche Elektro-Lkw. Auch dies spart Ressourcen und verringert obendrein das Gewicht des Lkw, was wiederum dessen Energiebedarf senkt.
Es gibt jedoch auch Argumente, die gegen den E-Highway sprechen:
- Der Ausbau des gesamten Autobahnnetzes mit Oberleitungen würde viel Aufwand erfordern und hohe Kosten verschlingen. Die Errichtung stationärer Elektro-Ladestationen an Rastplätzen ist im Vergleich dazu einfacher und kostengünstiger umzusetzen.
- Die Förderung der Elektromobilität und damit auch Konzepte wie der E-Highway werden von manchen Experten kritisch betrachtet, die stattdessen lieber Investitionen in die Wasserstofftechnologie befürworten.
- Die Oberleitungen auf dem E-Highway sind anfällig für Umwelteinflüsse und Vandalismus und benötigen deshalb regelmäßige Wartungen. Dies kann zu Sperrungen der Fahrspur und einem Anstieg an Staus führen.
- Bislang kann der E-Highway nur von Lkws benutzt werden. Pkws würden sehr lange Stromabnehmer benötigen, um die Oberleitungen zu erreichen.
- Kommt es auf dem E-Highway zu einem schweren Unfall, könnten die Oberleitungen verhindern, dass dort ein Rettungshubschrauber landen kann.
- Insbesondere Umweltorganisationen wie Greenpeace und NABU fordern zudem, lieber das Schienennetzwerk in Deutschland weiter auszubauen, anstatt ein zweites elektrifiziertes System für den Güterverkehr zu schaffen.
Eine komplette Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene ist zwar wünschenswert, lässt sich in der Praxis jedoch schwer umsetzen – zumindest in absehbarer Zeit. Auch wasserstoffbetriebene Lkws lassen wohl noch eine ganze Weile auf sich warten. Doch die Klima-Uhr tickt und fordert rasche Lösungen, weswegen der E-Highway trotz seiner Nachteile zumindest eine praktikable Übergangslösung auf dem Weg zur Emissionsfreiheit darstellen könnte, denn diese Technologie ist schon jetzt einsetzbar. Inwieweit sich das Konzept tatsächlich langfristig durchsetzt, bleibt abzuwarten.
Der E-Highway in Deutschland
Bislang existieren nur zwei E-Highway-Teststrecken in Deutschland:
- in Hessen, auf einem 5 km langen Abschnitt der A5 zwischen Frankfurt und Darmstadt (beide Fahrtrichtungen)
- in Schleswig-Holstein, auf einem 5 km langen Abschnitt der A1 zwischen Reinfeld und Lübeck (beide Fahrtrichtungen)
Zudem ist eine dritte E-Highway-Teststrecke in Baden Württemberg auf der Bundesstraße 462 geplant.
Der E-Highway auf der A5 – hier rollen bereits die Laster
Bislang ist nur der E-Highway zwischen Frankfurt und Darmstadt in Betrieb. Seit Mai 2019 rollen hier die ersten Lkws mit Stromabnehmern über die Teststrecke auf der A5. Es handelt sich dabei um einen der meistbefahrenen Autoabschnitte Deutschlands, der durchschnittlich von 14.000 Lkws pro Tag genutzt wird. Derzeit sind jedoch nur zwei Testlaster im Einsatz (Stand: Januar 2020), bis Mitte 2020 sollen insgesamt fünf Lkws auf dem E-Highway fahren und dabei Daten sammeln. Ende 2022 erfolgt der Abschluss des Feldversuchs.
Im Bau verursachte der E-Highway entlang der A5 Kosten von knapp 14,6 Millionen Euro, welche vom Bundesumweltministerium übernommen wurden. Noch einmal 15 Millionen Euro sollen bis zum Ende des Modellprojekts in die Sammlung und Auswertung von Daten fließen.
Dabei wird nicht nur überprüft, ob die Technik funktioniert, sondern es werden auch andere Fragen geklärt, z. B. wie sich der E-Highway auf den gesamten Verkehr auswirkt und ob die Oberleitungen Rettungsdienste bei ihren Einsätzen behindern. Auch die Einhaltung des Lärmschutzes wird bei den Tests kontrolliert.
E-Highway in Schleswig-Holstein: Inbetriebnahme verzögert sich
Über den E-Highway entlang der A1 in Schleswig-Holstein rollte der erste Hybrid-Lkw Anfang Juni 2019. Allerdings standen die Oberleitungen bei dieser ersten Testfahrt noch nicht unter Strom, da hier lediglich geprüft wurde, ob Stromabnehmer und -kabel gut ineinandergreifen. Schon vorher hatten spezielle Schulungen für Rettungskräfte sowie Mitarbeiter der Autobahnmeisterei und der Bergungsunternehmen stattgefunden, um diese auf einen Einsatz auf dem E-Highway vorzubereiten. Bei Bedarf können sie z. B. den Strom auf den Oberleitungen abschalten.
Die Aufnahme des regulären Testbetriebs auf dem E-Highway auf der A1 musste mehrfach verschoben werden, da ein Gutachter zunächst einen Mangel an einer Befestigungslasche eines überzähligen Querträgers feststellte und Nachbesserungen sowie die Überprüfung der übrigen Querträger empfahl. Zudem standen die Test-Lkws nicht wie geplant bereits im September 2019, sondern erst ein paar Monate später zur Verfügung. Am 5. Dezember konnte jedoch die erste zweistündige Probefahrt mit eingeschalteter Anlage erfolgen. Es wird davon ausgegangen, dass der tägliche Regelbetrieb in der ersten Jahreshälfte 2020 aufgenommen werden kann (Stand: Januar 2020). Auch dieser Versuch soll bis Ende 2022 laufen.
Insgesamt investiert das Bundesumweltministerium in den E-Highway in Schleswig Holstein 26 Millionen Euro.
Kommentar hinterlassen