Kurz & knapp: Abstrakte Gefahr
Als abstrakte Gefahr wird eine Handlung oder eine Situation bezeichnet, die potentiell schädigende Auswirkungen auf Lebewesen, Sachen oder Sachverhalte haben kann. Es besteht demnach die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Schaden kommt, diese ist aber nicht so hoch, dass ein sofortiger Handlungsbedarf besteht.
Die abstrakte Gefahr ist von der konkreten Gefahr abzugrenzen. Bei Letzterer ist die Schädigung so wahrscheinlich, dass in der Regel ein sofortiges Eingreifen der Polizei gerechtfertigt ist.
Die Unterscheidung in abstrakte und konkrete Gefahr lässt sich meist nicht eindeutig treffen, weshalb dies in vielen Fällen letztendlich von einem Gericht übernommen wird.
Definition: Was bedeutet „abstrakte Gefahr“?
Inhaltsverzeichnis
Von einer Gefährdung wird gesprochen, wenn eine Handlung oder eine Situation potentiell negative Folgen auf Menschen, Tiere, Gegenstände oder die Umwelt haben kann. Aus diesem Grund gibt es zahlreiche Gesetze und Verordnungen in Deutschland, die bestimmte gefährliche Handlungen verbieten – insbesondere wenn die Gefahr für andere Personen oder fremdes Eigentum besteht.
In der Rechtswissenschaft wird zwischen verschiedenen Arten von Gefahr unterschieden. Eine davon ist die sogenannte abstrakte Gefahr. Damit wird eine Situation bezeichnet, die möglicherweise zu einem Schaden führen kann und somit potentiell gefährlich ist, die jedoch kein sofortiges Handeln erfordert.
Abstrakte vs konkrete Gefahr
Die abstrakte Gefahr ist abzugrenzen von der konkreten Gefahr. Bei dieser ist die Wahrscheinlichkeit, dass es infolge der Handlung zu einem Schaden kommt, so hoch, dass unverzüglicher Handlungsbedarf besteht.
Die Unterscheidung zwischen abstrakter und konkreter Gefahr ist vor allem im Polizeirecht entscheidend, da die Polizei in der Regel nur eingreifen darf, wenn Letztere gegeben ist, es sei denn, Polizei- und Ordnungsgesetze legen für die konkrete Situation etwas anderes fest.
Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Hundehalter seinen Hund ohne Leine in einer öffentlichen Fußgängerzone laufen lässt. Das Tier zeigt kein Anzeichen von Aggression, es besteht aber dennoch die abstrakte Gefahr, dass der Hund eine fremde Person beißen und ihr somit Schaden zufügen könnte. Trotzdem dürfen die Ordnungshüter in diesem Fall nur eingreifen, wenn eine entsprechende Rechtsvorschrift ihnen dies gestattet, z. B. weil in der Stadt Leinenzwang besteht und der Hundeführer dagegen verstoßen hat.
Würde der Hund sich hingegen aggressiv verhalten, indem er z. B. knurrt, die Ohren anlegt und die Zähne bleckt, wäre die Wahrscheinlichkeit wesentlich höher, dass es zu einer Beißattacke kommt. Dies wäre eine konkrete Gefährdung, bei der die Beamten umgehend einschreiten dürfen, selbst wenn in der Stadt keine Leinenverordnung besteht und der Hundebesitzer somit keinen Verstoß begangen hat.
Die Unterscheidung in konkrete und abstrakte Gefährdung ist nicht immer klar, da letztendlich nur die Wahrscheinlichkeit, ob es tatsächlich zu einem Schaden kommt, den Unterschied ausmacht. Es gibt keine exakte, objektive Methode, die beiden Gefährdungsarten voneinander abzugrenzen. Darum muss häufig ein Gericht entscheiden, ob eine bestimmte Situation eine konkrete oder nur eine abstrakte Gefahr darstellte.
Andere Arten der Gefahr
Die Rechtswissenschaft kennt nicht nur die abstrakte und konkrete Gefahr, sondern auch noch andere Arten der Gefährdung, die hier der Vollständigkeit halber kurz vorgestellt werden sollen:
- Gefahrenverdacht: Es besteht die Möglichkeit einer Schädigung, die Gefahrenlage kann jedoch nicht abschließend beurteilt werden, da wichtige Erkenntnisse fehlen. Das Einleiten von Maßnahmen zur Gefahrenerforschung ist hier gerechtfertigt, jedoch keine weiteren behördlichen Handlungen.
- Anscheinsgefahr: Die Situation wird auf Grundlage der vorliegenden Fakten als gefährlich beurteilt, entpuppt sich jedoch im Nachhinein als ungefährlich. Die Anscheinsgefahr wird rechtlich wie eine tatsächliche Gefahr behandelt. Eine solche Anscheinsgefahr liegt z. B. dann vor, wenn in einem herrenlosen Koffer, der in der Öffentlichkeit abgestellt wurde, eine Bombe vermutet wird, er sich aber letztendlich als leer herausstellt.
- Scheingefahr/Putativgefahr: Die Gefährdung wird subjektiv aufgrund der falschen Beurteilung einer Sachlage angenommen, obwohl objektiv betrachtet keine Gefahr vorliegt. Das Eingreifen der Behörden ist hier rechtswidrig. Ein Beispiel für eine solche Scheingefahr wäre z. B., wenn eine Reisegruppe in der Fußgängerzone von einem Beamten als nicht angemeldete Demonstration angesehen und deshalb belangt werden würde.
Beispiele für abstrakte Gefährdungsdelikte im Straßenverkehr
Im Verkehrsrecht stellen vor allem die Tatbestände „Trunkenheit im Verkehr“ und „Vollrausch“ eine abstrakte Gefahr dar, denn wenn ein Fahrer aufgrund von Alkohol- oder Drogenkonsum in seiner Fahrtauglichkeit eingeschränkt ist, besteht ohne Zweifel die Möglichkeit, dass dadurch Lebewesen oder Sachen geschädigt werden.
Auch das Fahren entgegen der Fahrtrichtung stellt meist eine abstrakte Gefahr dar, ebenso das Überfahren einer roten Ampel oder das ordnungswidrige Fahren abseits der erlaubten Fahrbahn. Das Missachten der Vorfahrtsregeln oder ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot können ebenso eine abstrakte Gefährdung sein.
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