Kurz & knapp: Genugtuungsfunktion vom Schmerzensgeld
Schmerzensgeld soll dem Geschädigten auch als Genugtuung für die erlittenen Schmerzen dienen. Das Schmerzensgeld bildet so eine Wiedergutmachung in Form einer finanziellen Entschädigung für erlittenes Unrecht.
Das Gefühl, Unrecht erlitten zu haben, ist stets sehr subjektiv. Das Schmerzensgeld soll jedoch vor allem einen objektiv nachvollziehbaren Ausgleich für die erlittenen immateriellen Schäden bilden. So kann sich um Wiedergutmachung nur unter nachvollziehbaren Aspekten weitestgehend bemüht werden. Ob der Geschädigte das Endergebnis als solche empfindet, bleibt offen.
Neben der Genugtuungsfunktion – einer eher subjektiven, ideellen Ausrichtung – soll das Schmerzensgeld auch einen Ausgleich schaffen (Ausgleichsfunktion). Das bedeutet, es soll die Schäden kompensieren und ggf. auch Verluste des Schädigers auffangen.
Was sieht das BGB zum Schmerzensgeld vor?
Inhaltsverzeichnis
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) findet sich der Begriff „Schmerzensgeld“ nicht. Stattdessen wird vom immateriellen Schaden und einer Entschädigung in Geld gesprochen (§ 253 BGB). Ersterer ist definiert als Verletzung des Körpers oder z. B. der Gesundheit. Der Schädiger ist dann verpflichtet, Schadensersatz zu leisten.
Das Opfer erhält eine Entschädigung in Geld – auch wenn es sich bei einem immateriellen Schaden nicht um einen Vermögensschaden handelt. Das Schmerzensgeld erfüllt im Wesentlichen zwei Funktionen:
- die Ausgleichfunktion
- die Genugtuungsfunktion
Was ist mit der Genugtuungsfunktion beim Schmerzensgeld gemeint?
Bei der Bemessung der Entschädigung ist die Frage relevant, ob diese lediglich die erlittenen Schäden ausgleichen oder eben auch eine Genugtuung erfüllen soll. Dabei hat sich in der Rechtsprechung Folgendes herauskristallisiert: Je schlimmer die Verletzungen, desto mehr hat die Entschädigung eine Genugtuungsfunktion. Das Schmerzensgeld ist dann ggf. anzupassen.
Unter Umständen sprechen die Gerichte diese Funktion aber auch ab, beispielsweise weil solch schwere Hirnschäden vorliegen, dass das Opfer keine Genugtuung verspüren kann (vgl. Urteil des Landgerichts Kleve 2 O 370/01).
Die Genugtuungsfunktion vom Schmerzensgeld stellt auf ein subjektives Gefühl ab. Entsprechend muss die Entschädigung diese Funktion auch nur erfüllen, wenn der Geschädigte diese Emotion empfinden kann.
Die Funktion des Schmerzensgeldes lässt sich erstmals aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahre 1955 (Az. GSZ 1/55) ableiten. Hier heißt es:
Der Anspruch auf Schmerzensgeld nach § 847 BGB [alte Fassung] ist kein gewöhnlicher Schadensersatzanspruch, sondern ein Anspruch eigener Art mit einer doppelten Funktion: Er soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden bieten, die nicht vermögensrechtlicher Art sind, und zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, daß der Schädiger dem Geschädigten Genugtuung schuldet für das, was er ihm angetan hat.
Weiter betonten die Richter, dass gerade die immateriellen Schäden die Genugtuungsfunktion vom Schmerzensgeld auf den Plan rufen. Sie spiegelt in gewisser Weise eine Beziehung zwischen dem Opfer und dem Schädiger wieder, da ersteres gegenüber letzerem Genugtuung erfahren möchte.
Die Genugtuungsfunktion vom Schmerzensgeld erlangt insbesondere dann Bedeutung, wenn das Opfer finanziell so gut gestellt ist, dass die Geldbeträge des Schädigers kaum einen Ausgleich bieten können, so der BGH.
Die Ausgleichsfunktion beim Schmerzensgeld
Neben der Genugtuungsfunktion soll das Schmerzensgeld auch Ausgleich für die erlittenen Schäden schaffen. In diesem Rahmen werden die konkreten Schäden des Einzelfalls berücksichtigt.
Hierbei kommt es beispielsweise auf folgende Punkte an:
- Schwere der Verletzung
- Dauer der Behandlungen
- Dauer der Erwerbsminderung
- Dauerschäden
Während die Genugtuungsfunktion vom Schmerzensgeld subjektiv empfindbar ist, lassen sich die konkreten Beeinträchtigungen, die Bemessungsgrundlage für den Ausgleich, objektiv bewerten.
Dennoch spielen auch subjektiv wahrnehmbare Schäden bei der Ausgleichsfunktion eine Rolle. So sind auch Beeinträchtigungen im sozialen Leben auszugleichen, aber eben nicht messbar.
Bis ins Jahr 1992 war der BGH der Meinung, dass ein Ausgleich nur dann zu zahlen ist, wenn das Opfer diesen auch wahrnehmen könne. Davon rückten die Richter dann aber ab (Az. VI ZR 201/91) und sprachen auch einer Klägerin Schmerzensgeld zu, die wegen eines Behandlungsfehlers schwere Hirnschäden erlitten hatte.
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