Kurz & knapp: Was ist Kennzeichenmissbrauch?
Ein Kfz-Kennzeichen dient der zweifelsfreien Identifikation und Zuordnung eines Fahrzeugs.
Kennzeichenmissbrauch liegt beispielsweise vor, wenn gefälschte Kennzeichen verwendet werden oder amtliche Kennzeichen an einem anderen Fahrzeug als dem zugehörigen verwendet werden.
Kennzeichenmissbrauch kann mit Freiheits- oder Geldstrafe geahndet werden.
Weshalb wird Kennzeichenmissbrauch streng geahndet?
Inhaltsverzeichnis
Um zu verstehen, weshalb der Kennzeichenmissbrauch in Deutschland so streng geahndet wird, müssen Sie sich vor Augen halten, welche Aufgaben Autokennzeichen eigentlich erfüllen. Auch wenn einige Besitzer ihr Auto mit Aufklebern oder anderen Accessoires verzieren und individualisieren, ist es ohne das entsprechende Nummernschild unmöglich, einzelne Fahrzeuge zweifelsfrei zu identifizieren und ihrem Halter zuzuordnen. Dazu ist die Masse der Kraftfahrzeuge schlicht zu groß.
Das Kennzeichen ist jedoch so einzigartig wie ein Fingerabdruck, da die Nummernschilder jeweils nur einmal durch die Straßenverkehrsbehörde bzw. Zulassungsstelle vergeben werden. Somit ist, wenn das Kennzeichen bekannt ist, eine eindeutige Zuordnung von Kfz und Halter möglich. Diese Identifizierbarkeit ist natürlich für die Verfolgung und Bestrafung von Verkehrssündern bei Verkehrsdelikten unerlässlich.
Liegt nun ein Kennzeichenmissbrauch vor, werden z. B. gefälschte Kennzeichen verwendet, verstoßen die Betreffenden gegen geltendes Recht, weil das Fahrzeug nicht der vorgeschriebenen Kennzeichnung entspricht und damit nicht zugeordnet werden kann.
Wann handelt es sich um Kennzeichenmissbrauch?
Der Kennzeichenmissbrauch ist eine Verkehrsstraftat, die in § 22 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) geregelt wird. In Absatz 1 und 2 wird eindeutig definiert, wann ein Kennzeichenmissbrauch vorliegt und auch wie er bestraft wird.
Demnach handelt es sich um einen Kennzeichenmissbrauch…
- ein Fahrzeug oder einen Anhänger mit einem Zeichen auszustatten, dass den Eindruck erweckt, es sei eine amtliche Kennzeichnung.
- Kraftfahrzeug oder Anhänger mit einem anderen Kennzeichen als dem dafür ausgegebenen zu versehen.
- das Nummernschild eines Fahrzeugs oder Anhängers zu verändern, zu entfernen oder seine Sichtbarkeit zu beeinträchtigen.
Doch nicht nur gefälschte Kennzeichen anzubringen, sie zu verfälschen oder die Kennzeichen zu bekleben, ist strafbar. Auch Personen, die zwar nicht selbst Hand an das Nummernschild gelegt haben, sich dessen aber bewusst sind, dass sie mit falschen Kennzeichen fahren, müssen mit derselben Strafe rechnen.
Das Fahren mit falschem Kennzeichen zieht dieselbe Strafe nach sich wie andere Formen des Kennzeichenmissbrauchs. Solange die Tat durch andere Vorschriften nicht mit einer schwereren Strafe bedacht wird, kann den Täter eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe erwarten.
Oftmals spielen beim Kennzeichenmissbrauch aber auch weitere Straftatbestände hinein. So fahren organisierte Autodiebe mit falschen Kennzeichen, um den Diebstahl des Fahrzeugs zu verschleiern, damit die Polizei ihnen nicht gleich auf die Spur kommt. Diese hat nämlich die Möglichkeit, die Kennzeichen zu überprüfen und würde schnell bemerken, wenn sie ein gestohlenes oder nicht zugelassenes Fahrzeug vor sich hat.
Die Banden können die Kennzeichen natürlich selber fälschen, oftmals stehlen sie diese aber auch einfach. Wurde Ihr Kennzeichen gestohlen, sollten Sie den Diebstahl unverzüglich der Polizei melden, um einem Kennzeichenmissbrauch vorzubeugen. Begehen die Diebe mit Ihrem Nummernschild Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten, sind die Behörden sofort im Bilde, dass dies nicht Ihnen als Fahrzeughalter anzulasten ist. Die Zulassungsstelle stellt Ihnen dann im Übrigen ein neues Kennzeichen aus.
Video: Was droht bei Kennzeichenverstößen?
Abgrenzung zwischen Urkundenfälschung und Kennzeichenmissbrauch
Für Kennzeichenmissbrauch wird lediglich derjenige bestraft, der sich keiner schwerwiegenderen Tat schuldig gemacht hat, andernfalls tritt der Kennzeichenmissbrauch dahinter zurück. Ein solch schwerwiegenderer Vorwurf wäre beispielsweise die Urkundenfälschung. Doch wann handelt es sich um eine solche und wann ist es lediglich ein Kennzeichenmissbrauch?
Ein Kennzeichen ist stets auf ein bestimmtes Fahrzeug zugelassen, dessen Zulassung durch den Behördenstempel bestätigt wird. Beide zusammen bilden eine amtliche Urkunde. Wird das Kennzeichen nun für einen anderen als den darauf zugelassenen verwendet, handelt es sich hierbei nach Strafgesetzbuch (StGB) § 267 um eine Urkundenfälschung, da das Kennzeichen zweckentfremdet wurde.
Die Urkundenfälschung ist ein schwerwiegenderes Delikt als der Kennzeichenmissbrauch. Dies spiegelt sich auch in dem Strafmaß wieder. In besonders schweren Fällen kann sie mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Es kann ratsam sein, wenn die Betroffenen bei dem Verdacht auf Urkundenfälschung einen Anwalt für Strafrecht aufsuchen, der sie hinsichtlich des weiteren Vorgehens beraten kann.
Beispiel: Nimmt ein Wagen mit einem entstempelten Kennzeichen am Straßenverkehr teil, handelt es sich nach dem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz vom 19.05.2016 um einen Kennzeichenmissbrauch und keine Urkundenfälschung. Begründet wird diese Einschätzung damit, dass hier der Eindruck erweckt wurde, dass das Fahrzeug noch zugelassen wäre.
Was dürfen Sie am amtlichen Kennzeichen eigentlich verändern?
Selbstredend verfügt längst nicht jeder, der sich eines Kennzeichenmissbrauchs schuldig macht, über ein falsches Kennzeichen. Vielmehr wird von den Fahrern die Tatsache unterschätzt, dass sie rein gar nichts an den amtlichen Kennzeichen verändern dürfen. Wie bereits ausgeführt, kommt bereits das Bekleben vom Kennzeichen einem Missbrauch gleich.
Sticker haben auf dem Nummernschild demnach nichts zu suchen und sollten vom Besitzer des Fahrzeugs schnellstmöglich entfernt werden. Verdecken sie teilweise die Buchstaben oder Zahlen kann der Fahrer böse überrascht werden, wenn ihn plötzlich die für Kennzeichenmissbrauch vorgesehene Strafe ereilt. Selbst wenn der Wagen nicht am Straßenverkehr teilnimmt, können ihm ein saftiges Bußgeld oder sogar Punkte in Flensburg drohen.
Da die Kennzeichen zu jeder Zeit gut sichtbar sein müssen, können verschmutzte Schilder ebenfalls Strafen wegen Kennzeichenmissbrauch nach sich ziehen. Ein solcher Fall wird genauso gewertet wie eine absichtliche Verdeckung des Kennzeichens. Um unnötigen Ärger zu vermeiden, sollten Autofahrer deshalb regelmäßig ihr Kennzeichen auf Verschmutzung prüfen. Insbesondere nach einer Geländetour lässt sich das Putzen nicht vermeiden.
Auch im Dunkeln muss das Schild selbstverständlich lesbar sein, das heißt, es sollte ausreichend beleuchtet werden. Ist dies nicht der Fall, kann der Fahrer auch für einen Kennzeichenmissbrauch zur Verantwortung gezogen werden.
Wurde das Kennzeichen entstempelt, weil Sie z. B. die Kfz-Versicherung nicht bezahlt haben, darf das Fahrzeug nicht mehr am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen, andernfalls drohen ernste Konsequenzen. Es besteht aber die Möglichkeit, es an einem kurzzeitig stillgelegten Fahrzeug anzubringen.
Verbotene Wunschkennzeichen
Gegen einen Aufpreis können Fahrzeughalter ihr Nummernschild ihren eigenen Wünschen anpassen, sodass Initialen, wichtige Daten oder Kosenamen auf dem Kennzeichen auftauchen. Allerdings ist nach § 8 nach Absatz 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) nicht jede noch freie Kombination auch erlaubt. Verstoßen Kennzeichnungen gegen die guten Sitten, indem sie den Nationalsozialismus verherrlichen, dürfen sie weder geprägt noch verwendet werden. Andernfalls muss die Person mit empflindlichen Konsequenzen rechnen.
Diese Kennzeichen sind deutschlandweit verboten:
- KZ (Konzentrationslager)
- HJ (Hitler-Jugend)
- NS (Nationalsozialismus)
- SA (Sturmabteilung)
- SS (Schutzstaffel)
Sven F meint
9. September 2022 at 9:09
Ich habe das Problem, dass ich von der Zulassungsstelle ein Kennzeichen erhalten habe, dass zuvor einem anderen Fahrzeug zugeteilt wurde. Dieses Fahrzeug ist stillgelegt, steht aber mit den alten Kennzeichen im öffentlichen Verkehrsraum, in dem ein gültiger Anwohnerparkausweis erforderlich ist. Ich habe bereits zweimal ein Verwarnungsgeld für dieses Fahrzeug zugestellt bekommen. Die Herrschaften vom Landesbetrieb Verkehr Hamburg schauen nur auf das Kennzeichen – nicht aber, ob es aktuell zum Fahrzeugtyp passt.
Lars S meint
15. Juli 2021 at 7:56
Eine rechtliche Würdigung zu dem Problem des deckungsgleichen Überklebens der Buchstaben-Zahlenkombination mit schwarzer, aber retroreflektierender Folie wäre sehr interessant! Die Folge des deratigen Überklebens ist eine vollständige Überblendung des amtlichen Kennzeichens, wenn man geblitzt wird und somit eine Verfolgungsvereitelung bei Vergehen im Straßenverkehr.