Kurz & knapp: Private Blitzer
Handelt es sich um private Blitzer, werden diese nicht von der jeweiligen Stadt oder Kommune selbst betrieben. Diese Arbeit wird einem Dienstleister übertragen, welcher im Namen des Auftraggebers Geschwindigkeitskontrollen durchführt, um Temposünder zu überführen.
Eine Grundsatzentscheidung vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az.: 2 Ss-OWi 942/19), welche im November 2019 veröffentlicht wurde, legt fest, dass eine Messung durch private Blitzer nicht als Grundlage für einen Bußgeldbescheid dienen kann. Hier lesen Sie mehr zu dem Urteil.
Zwar ist das Urteil aus Frankfurt noch nicht rechtskräftig, allerdings könnte es bundesweit Gültigkeit erlangen. Daher empfiehlt es sich, wenn Sie aufgrund der Geschwindigkeitsmessung durch eine private Firma einen Bußgeldbescheid erhalten haben, Einspruch gegen diesen einzulegen. Wie Sie dabei vorgehen müssen, lesen Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
Private Radarkontrollen im Auftrag einer Kommune oder Stadt
Blitzer und Radarfallen werden eingesetzt, um zu überprüfen, ob sich die jeweiligen Verkehrsteilnehmer an die geltenden Vorgaben zur Höchstgeschwindigkeit halten. Dabei können unterschiedliche Messtechniken zum Einsatz kommen.
In aller Regel wird die Geschwindigkeitskontrolle von der Polizei durchgeführt. In einigen Städten und Kommunen werden allerdings auch sogenannte „private Blitzer“ eingesetzt, um Temposünder zu überführen und entsprechend sanktionieren zu können.
Ein richtungsweisendes Urteil aus Frankfurt könnte dieser Praxis nun den Riegel vorschieben. In unserem Ratgeber gehen wir auf dieses ein und erklären Ihnen, wie die Geschwindigkeitsmessung über private Blitzer einer beauftragten Firma funktioniert.
Was sind private Blitzer?
Der Begriff „private Blitzer“ umschreibt umgangssprachlich Radarfallen, welche nicht von der Polizei selbst betrieben werden. Beispielsweise in Bayern, Hessen, Brandenburg, Sachsen, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen arbeiten die Behörden mit Unternehmen zusammen, welche Geschwindigkeitskontrollen für sie durchführen oder zumindest unterstützend tätig werden.
Dies bietet den Vorteil, dass die Städte und Kommunen die teuren Radarfallen nicht selbst anschaffen und betreiben müssen. Es herrscht nämlich vielerorts Personalnot, was sich auch zeigt, wenn einige Bundesländer aus eben diesem Grund auf eine Teilnahme am Blitzmarathon verzichten, da die Beamten mit anderweitigen Aufgaben ausgelastet sind.
Um die allgemeine Verkehrssicherheit zu erhöhen und Temposünder zu überführen, kommen dann nicht selten private Blitzer zum Einsatz. Hat das Gerät einen Tempoverstoß registriert, wird über das Kennzeichen der Halter des jeweiligen Fahrzeugs ermittelt.
Diesem wird im Anschluss ein Anhörungs- oder Zeugenfragebogen zugestellt. Ist der Fahrer, welcher den Tempoverstoß begangen hat, ermittelt, wird diesem ein Bußgeldbescheid zugestellt. Dem Dokument kann der Verkehrssünder entnehmen, welche Sanktionen gemäß Bußgeldkatalog für die Geschwindigkeitsüberschreitung ausgesprochen werden.
Gut zu wissen: Sie dürfen auf Ihrem Grundstück keinen Blitzer aufstellen. Dies könnte als Amtsanmaßung gewertet werden und somit zu Sanktionen führen. Das Durchführen von Geschwindigkeitskontrollen ist eine hoheitsrechtliche Aufgabe. Auch Blitzer-Attrappen, die nur der Abschreckung dienen sollen, können zu Problemen führen. Allerdings gab es auch schon unterschiedliche Urteile, die dies erlaubt haben.
Wie funktioniert die Geschwindigkeitsmessung durch private Blitzer?
Private Blitzer greifen auf dieselben Messtechniken zurück wie Geräte, welche von der Polizei selbst eingesetzt werden. Der einzige Unterschied liegt darin, dass die privaten Radarfallen sich nicht im Besitz der jeweiligen Kommune befinden.
So kann eine Geschwindigkeitsmessung beispielsweise durch elektromagnetische Signale erfolgen. Der Blitzer wirft ein entsprechendes Signal aus, welches dann von einem vorbeifahrenden Fahrzeug reflektiert wird.
Per Weg-Zeit-Berechnung wird dann ermittelt, wie schnell das jeweilige Kfz unterwegs war. Liegt das Tempo über der Geschwindigkeitsbegrenzung, löst eine Kamera im Messgerät aus und fertigt das berühmte „Blitzerfoto“ an.
Sind Bußgeldbescheide durch private Blitzer rechtswidrig?
Bis zum November 2019 war die Geschwindigkeitsmessung durch private Blitzer zwar umstritten, allerdings konnten die Messergebnisse als Beweismittel im Bußgeldverfahren genutzt werden. Das könnte sich nun durch eine Grundsatzentscheidung vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main ändern.
Am 12.11.2019 veröffentlichte das Gericht ein Urteil (Az.: 2 Ss-OWi 942/19), welches besagt, dass die Verkehrsüberwachung durch private Dienstleister gesetzeswidrig ist und auf deren Grundlage keine Bußgeldbescheide erlassen werden dürfen.
Dem Urteil vorausgegangen war die Klage eines Mannes, welcher mit seinem Auto in Hessen geblitzt wurde. Die Messung wurde durch private Blitzer durchgeführt. Die Gemeinde hatte mit einem Dienstleister einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zum Zweck der „Unterstützung bei der Durchführung von Geschwindigkeitsprotokollen, allgemeine Datenverarbeitung und Erstellung von Messberichten“ geschlossen.
Zur Urteilsbegründung gaben die Richter an, dass die im hoheitlichen Auftrag von einer privaten Person durchgeführte Geschwindigkeitsmessung keine Rechtsgrundlage habe. Tempokontrollen dürften demnach nur von eigenen Bediensteten mit entsprechender Qualifikation durchgeführt werden.
Es ist davon auszugehen, dass dieses im Einzelfall getroffene Urteil bundesweit Gültigkeit besitzt.
Wichtig: Das Urteil über private Blitzer vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist bis dato noch nicht rechtskräftig. Dementsprechend können gegen dieses noch Rechtsmittel eingelegt werden.
Wie können Sie gegen einen Bußgeldbescheid vorgehen?
Zwar ist das Urteil noch nicht rechtkräftig, es sorgt aber dafür, dass alle Messungen, welche durch private Blitzer erstellt wurden, grundsätzlich infrage gestellt werden können. Erhalten Sie einen Bußgeldbescheid, wird aus diesem nicht ersichtlich, dass eine private Geschwindigkeitsüberwachung stattgefunden hat.
Diesen Fakt können Sie nur aufdecken, wenn Sie eine Akteneinsicht beantragen. Vorab müssen Sie allerdings einen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid verfassen. Dieser muss innerhalb von 14 Tagen nach dem Erhalt schriftlich bei der zuständigen Bußgeldstelle eingehen.
Sie können den Einspruch grundsätzlich selbst formulieren, ein Anwalt ist hierfür nicht zwingend notwendig. Allerdings empfiehlt es sich, einen Rechtsbeistand zu konsultieren, der sich mit dem Verkehrsrecht auskennt.
Durch sein geschultes Auge kann der Rechtsbeistand im Rahmen einer Akteneinsicht in aller Regel sehr schnell erkennen, ob es sich um eine Messung durch private Blitzer handelt und diese Umstand entsprechend geltend machen, sodass die Sanktionen unter Umständen nicht vollstreckt werden können.
Gut zu wissen: Es werden auch Dienstleister für die private Verkehrsüberwachung im ruhenden Verkehr in Frankfurt am Main eingesetzt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich das Oberlandesgericht auch mit dieser Auslagerung der hoheitlichen Aufgaben in der nächsten Zeit befassen wird. Ob und wann es dann zu einem weiteren weitreichenden Urteil kommt und wie sich dieses auf die Sanktionierung von Parksündern auswirken wird, bleibt allerdings abzuwarten.
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