Kurz & knapp: Reißverschlussverfahren
Die Anwendung vom Reißverschlussverfahren ist in § 7 Absatz 4 Straßenverkehrsordnung (StVO) definiert.
Durch dieses Verfahren soll ein reibungsloser Verkehrsfluss an Fahrbahnverengungen garantiert werden.
Ob ein vorübergehendes Hindernis das Reißverschlussverfahren aktiviert, ist in der Rechtssprechung umstritten. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Video: Alles zum Reißverschlussverfahren
Wie funktioniert das Reißverschlusssystem?
Inhaltsverzeichnis
Stockender Verkehr ist gerade zu Arbeitsbeginn und Feierabend in Deutschland keine Seltenheit, nutzen hier doch viele Verkehrsteilnehmer gleichzeitig die Straßen. Ein fließender Verkehr ist dabei nicht immer garantiert.
Auch durch Baustellen kann es schnell zu einer Staubildung kommen, gerade auf der Autobahn kommt es an solchen vermeintlichen Engstellen schnell einmal dazu, dass die Autofahrer warten oder mit stark verringerter Geschwindigkeit weiterfahren müssen.
Fahrbahnverengungen oder das Ende einer Spur tun ihr Übriges, um den Verkehr ins Stocken zu bringen. Würden sich alle Verkehrsteilnehmer an das Reißverschlussverfahren halten, könnten einige Staus verhindert werden. Darum wird dieses Prinzip schon in der Fahrschule vermittelt. Wie es funktioniert, erfahren Sie im nachfolgenden Ratgeber.
Reißverschlussverfahren gemäß StVO
Wie bereits angeklungen, kommt das Reißverschlussverfahren immer dann zum Einsatz, wenn eine Spur wegfällt. Diese kann einfach enden oder eine Baustelle führt zur Fahrbahnverengung. Damit der Verkehrsfluss gewährleistet werden kann, schreibt die StVO ein System vor, wie sich die Autofahrer auf der betreffenden Spur einordnen müssen.
Dieses wird in § 7 Absatz 4 Straßenverkehrsordnung (StVO) beschrieben:
Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).
Der Begriff „Reißverschlussverfahren“ leitet sich aus der üblichen Funktionsweise von einem Reißverschluss ab. Dieser besteht nämlich aus zwei Seitenteilen (Krampen) und einem sogenannten Schieber.
Ziehen Sie diesen nun hoch, werden die Verbindungsteile ineinander verhakt. Dabei greifen immer zwei Teilchen ineinander, sodass von beiden Seiten jeweils ein Stück einen Abschluss bildet. So ähnlich funktioniert auch das Reißverschlussverfahren im Straßenverkehr.
Wird die Fahrbahn verengt, müssen die Fahrzeuge, welche sich auf der endenden Spur befinden, diese bis zum Ende befahren. Sind sie am Schlusspunkt angelangt, können sie sich in die freie Spur einordnen (Blinken nicht vergessen).
Die Kfz-Fahrer auf der befahrbaren Spur sind wiederum verpflichtet, den anderen Fahrzeugen die Einfahrt zu ermöglichen. Dabei fährt immer im Wechsel ein Wagen von der freien und einer von der endenden Spur.
Häufige Fehler beim Reißverschlussverfahren
In der Praxis zeigt sich leider häufig, dass das Reißverschlussverfahren nicht von jedem Verkehrsteilnehmer beherzigt wird. Dabei gibt es sogar ein Verkehrszeichen (Zeichen 1005-30), was darauf hinweist, wann das Reißverschlussverfahren beginnt.
Das Schild besitzt die Form eines Dreiecks und hat meist eine Aufschrift wie „Reißverschluss erst in 200 Metern“. Dementsprechend wird den Fahrern signalisiert, dass sie erst in 200 Metern die Spur wechseln sollen.
Folgende Fehler sollten Sie in Bezug auf das Reißverschlussverfahren vermeiden, um einen sauberen Verkehrsfluss zu garantieren:
- Viele Fahrer ordnen sich zu früh ein und befahren die Spur, welche aufhört, nicht bis zum Ende. Dies sorgt unnötig für stockenden Verkehr.
- Sind Sie auf der freien Fahrbahn, müssen Sie ein Auto vor der Fahrbahnverengung auf Ihre Fahrspur einfädeln lassen, dazu sind Sie gemäß StVO verpflichtet.
- Allerdings nützt es auch nicht, wenn Sie mehrere Autos in die Spur einfädeln lassen. Auch in diesem Fall kann das Reißverschlussprinzip nicht mehr wirken.
Reißverschlussverfahren auch bei Hindernis auf der Fahrbahn?
Das Reißverschlussverfahren sorgt in regelmäßigen Abständen für Diskussionen unter Rechtsexperten. Dabei steht immer wieder die Frage im Mittelpunkt, wann genau es aktiviert wird und in welchen Fällen es somit Anwendung findet.
Dies ist vor allem dann wichtig, wenn es zu einem Unfall kam und der Schuldige ausfindig gemacht werden muss. Die Urteile gehen hierbei teilweise auseinander. Das Amtsgericht München vertritt die Auffassung, dass ein vorübergehendes Hindernis auf der Fahrbahn kein Reißverschlussverfahren aktiviert.
Dies bestätigten die Richter in einem Urteil vom 7.3.2012 (Az.: 334 C 28675/11). In dem Prozess ging es um folgenden Sachverhalt:
Die Klägerin musste mit ihrem Pkw die Fahrspur wechseln, weil diese durch einen Möbelwagen, also ein vorübergehendes Hindernis blockiert wurde. Beim Spurwechsel kollidierte ihr Wagen mit einem Cabrio, welches sich auf der freien Spur befand.
Die Versicherung der Cabriofahrerin weigerte sich, die Schadensregulierung zu übernehmen. Das Gericht gab ihr Recht. Unfallverursacherin war nach Auffassung der Münchener Richter eindeutig die Klägerin, welche den Spurwechsel vollzogen hat.
Ein Wechsel der Spur darf nämlich nur dann ausgeführt werden, wenn die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen werden kann. Das Reißverschlussverfahren greift bei einem vorübergehenden Hindernis nicht, so das Urteil der Richter in München.
Ohne Reißverschlussverfahren: Worauf beim Spurwechsel zu achten ist
Aus dem Urteil vom Amtsgericht München wird deutlich, dass das Reißverschlussverfahren und ein „normaler“ Spurwechsel deutlich voneinander zu unterscheiden sind. Auf letzteren wollen wir in diesem Abschnitt genauer eingehen.
In § 7 Absatz 5 StVO ist beschrieben, wie ein Spurwechsel grundsätzlich erfolgen muss:
In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.
Das wichtigste beim Spurwechsel ist also, dass Sie durch diesen niemanden gefährden und durch Einsatz des Blinkers dem nachfolgenden Verkehr anzeigen, dass Sie in Begriff sind, den Fahrstreifen zu wechseln.
Silke meint
7. März 2021 at 1:34
Hi,
Wie liegt die Strafe wenn meine Ampel grün ist ich hoch beschleunigte damit niemand in meine Spur einfädeln 20 EUR?
Daniel meint
9. Oktober 2018 at 8:42
Hallo zusammen –
Wie sieht es dann bei einem Stau auf der Autobahn oder einer vorfahrtsberechtigten Landstraße aus?
Muss man da als Vorfahrtsberechtigter diejenigen einfädeln lassen, die vom Beschleunigungsstreifen oder von einer Nebenstraße einfahren wollen?
Danke und Gruß, Daniel
Carsten meint
17. Januar 2020 at 18:07
Natürlich. Sollen die ewig stehen, oder wie?
Alles andere wäre menschenverachtend.
Stefan Geiger meint
14. Juni 2020 at 14:19
Gemäß STVO ist ein Beschleunigungsstreifen KEINE endende Fahrspur. Fahrzeuge die auf eine Autobahn oder eine Kraftfahrstaße einbiegen haben KEINEN Anspruch auf Reißverschlussverfahren!!! Natürlich ist es sinnvoll rücksichtsvoll zu fahren und andere Verkehrsteilnehmer rein zu lassen, wenn die Situation passt. Aber das Verhalten von 99% aller Autofahrer sich vom Beschleunigungsstreifen einfach reinzudrängen ist höchst gefährlich und strafbar!!!