Kurz & knapp: Schmerzensgeld beantragen
Geschädigte können gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung Schmerzensgeld anfordern, wenn ein Anspruch besteht.
Auch die gerichtliche Durchsetzung von Schmerzensgeldansprüchen ist möglich (insbesondere in Streitfällen). Dies kann im Rahmen einer Zivilklage erfolgen oder etwa auch bei einem Adhäsionsverfahren, bei dem die zivilrechtlichen Ansprüche an ein Strafverfahren angebunden werden.
Bei der Verjährung von Schmerzensgeld kommt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren zur Anwendung (vgl. § 195 BGB). Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Schaden entstand. Wurde der Anspruch bereits rechtskräftig festgestellt (titulierte Ansprüche durch Urteil o. ä.), tritt die Verjährung in der Regel erst nach 30 Jahren ein.
Ich will Schmerzensgeld: Und nun?
Inhaltsverzeichnis
Schäden durch einen Unfall lassen sich nicht immer durch eine einfache Reparatur wiedergutmachen. Insbesondere dann, wenn es zum Personenschaden gekommen ist. Eine schwere Verletzung oder Schmerzen, welche durch einen Arzt behandelt werden müssen, können einen Anspruch auf Schmerzensgeld begründen. Hierbei handelt es sich juristisch betrachtet, um ein Schuldverhältnis zwischen Schädiger und Geschädigten.
Im Folgenden gehen wir der Frage „Wie bekommt man Schmerzensgeld“ auf den Grund. Wir klären, wann ein Anspruch besteht, wie die Höhe ermittelt wird und an wen Sie Ihren Schmerzensgeldantrag richten müssen.
Wann kann ich Schmerzensgeld einfordern?
Das Schmerzensgeld ist in § 253 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Es ist ein Schadensersatz für den entstandenen immateriellen Schaden und soll einen Ausgleich für vergangene bzw. zukünftige Schmerzen oder die Beeinträchtigung der Lebensfreude darstellen.
Ein Anspruch darauf entsteht immer dann, wenn eine Person fahrlässig oder vorsätzlich eine andere Person verletzt. Auch durch einen Verkehrsunfall kann im Rahmen der Gefährdungshaftung Schmerzensgeld begründet werden. Infrage kommen allerdings nicht nur körperliche Beeinträchtigungen.
Sie können Schmerzensgeld immer dann beantragen, wenn es zu einer Verletzung
- Ihres Körpers,
- Ihrer Gesundheit,
- Freiheit oder
- sexuellen Selbstbestimmung gekommen ist.
Schmerzensgeld beantragen: Welche Höhe steht mir zu?
Anders als bei einem Blechschaden am Auto, ist es schwierig, den Schaden genau zu beziffern. Erlittene Schmerzen und Leid lassen sich nicht einfach durch eine Reparatur wiedergutmachen. In nicht wenigen Fällen stellt beispielsweise ein Autounfall ein lebensveränderndes Ereignis dar. Dennoch sieht der Gesetzgeber eine Wiedergutmachung in Geld vor.
Doch welche Höhe ist in Ihrem Fall gerechtfertigt? Wie viel Schmerzensgeld können Sie fordern? Diese Fragen sind nicht leicht zu beantworten. Im Gesetz wird von einer „billigen Entschädigung in Geld“ gesprochen, was eine den Umständen angemessene Vergütung meint. Entsprechend kann es also keine pauschale Antwort auf die Frage geben, welche Summe Sie als Forderung von Schmerzensgeld in den Antrag schreiben sollen. Es geht stets um den Einzelfall.
Als angemessen gilt ein Schmerzensgeld immer dann, wenn es zwei Funktionen erfüllt: Ausgleich und Genugtuung. Der Geschädigte soll infolge eines schädigenden Ereignisses keine finanziellen Einbußen erleiden. Demnach müssen vom Schädiger bzw. dessen Versicherung sämtliche objektiv feststellbaren Kosten übernommen werden, welche infolge der Verletzung entstanden sind. Bei der Sühnefunktion geht es dagegen um die Wiedergutmachung des subjektiv erlebten Leids.
Schmerzensgeldtabellen bieten Orientierung
Auch wenn die Höhe vom Schmerzensgeld immer von den individuellen Umständen abhängig ist, können sogenannte Schmerzensgeldtabellen einen Rahmen für die Entschädigungssumme bieten. Bei den Tabellen handelt es sich um Urteilssammlungen zu den einzelnen Verletzungen. Wenn Sie Schmerzensgeld beantragen wollen, können Sie sich bei der Bemessung der Schmerzensgeldsumme an ähnlichen Fällen orientieren.
Wie beantrage ich Schmerzensgeld?
Kam es beispielsweise infolge von einem Auffahrunfall zu einem Schleudertrauma, kann ein Anspruch auf Schmerzensgeld bestehen. Wo Sie es beantragen können, ist dann aber abhängig von Ihren persönlichen Präferenzen. Grundsätzlich gibt es in einer solchen Situation zwei Möglichkeiten, wie Sie an Ihr zustehendes Schmerzensgeld gelangen.
Einen Antrag auf Schmerzensgeld bei der Versicherung stellen
Wurde bei einem Unfall nicht nur Ihr Auto beschädigt, sondern Sie erlitten leichtere Verletzungen, können Sie bei der gegnerischen Versicherung im Rahmen der Schadensregulierung ebenfalls das Ihnen zustehende Schmerzensgeld beantragen. Hierbei handelt es sich dann um eine außergerichtliche Einigung. Zur Orientierung bei der Bemessung der Summe des Schmerzensgeldes können Sie sich an vergleichbaren Fällen in einer Schmerzensgeldtabelle orientieren.
Wurden Sie sich einig, müssen Sie in der Regel ein Dokument unterschreiben, in dem Sie erklären, dass Sie von weiteren gerichtlichen Schritten absehen. Auch wenn es hierbei nicht zu einem Prozess kommt, ist es empfehlenswert, Rücksprache mit einem Anwalt zu halten, damit Sie nichts unterschreiben, was sich später für Sie als nachteilig herausstellen kann. Auch bei der Höhe vom Schmerzensgeld, welche Sie beantragen, kann er Sie beraten.
Binden Sie einen Anwalt in die Schadensregulierung mit ein!
Viele geschädigte Kraftfahrer wollen die Schadensregulierung nach einem Unfall schnell über die Bühne bekommen. Oftmals verzichten sie auf einen Anwalt, weil sie nicht beabsichtigen, einen Gerichtsprozess anzustrengen. Allerdings kann ein Anwalt in einer solchen Situation dennoch Gold wert sein. Die gegnerische Versicherung ist nicht Ihr Freund. Sie wird stets versuchen, die Schadenssumme so gering wie möglich zu halten. Daher fällt die Entschädigung ohne Anwalt häufig niedriger aus.
Was viele nicht wissen: Ihre Anwaltskosten hat in der Regel die gegnerische Versicherung zu tragen.
Vor Gericht Schmerzensgeld geltend machen
Kam es zu schwerwiegenderen Verletzungen, sollten Sie das Schmerzensgeld vor Gericht beantragen.
Dies gilt umso mehr, wenn mit Folgeschäden zu rechnen ist oder ein längerer Aufenthalt im Krankenhaus samt Operationen notwendig war.
Aber auch wenn sich die gegnerische Versicherung querstellt bzw. nicht die von Ihnen angestrebte Schmerzensgeldsumme zahlt, ist der juristische Weg zu bestreiten.
Während fahrlässige bzw. vorsätzliche Körperverletzungen in einem Strafgerichtsprozess behandelt werden, müssen Sie, um Ihren Anspruch gegenüber den Schädiger geltend machen zu können, das Schmerzensgeld mittels Zivilprozess beantragen. Gemäß Zivilprozessordnung (ZPO) ist bei einer zivilrechtlichen Klage stets auch der Streitwert anzugeben. Da die Höhe des Schmerzensgeldes aber stets das Ergebnis des Prozesses ist und im Ermessen des Richters liegt, sollten Sie einen unbezifferten Klageantrag schreiben.
In diesem müssen Sie sämtliche Berechnungs- und Schätzungsgrundlagen umfassend darlegen. Dazu gehören die Verletzungen, der Behandlungsverlauf (stationärer Aufenthalt, Operationen), Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit bzw. der geminderten Erwerbstätigkeit, Verschulden des Schädigers und ggf. Ihr Mitverschulden.
Wenn Sie Schmerzensgeld vor Gericht beantragen, sollten Sie auch stets einen Rahmen bzw. einen Mindestwert für die Entschädigungssumme angeben. Tun Sie das nicht, müssen Sie jede Ihnen zugesprochene Summe akzeptieren und haben keine Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen, sollte die Endsumme unterhalb Ihrer Vorstellung liegen. Zudem ist es sinnvoll, gleichzeitig einen Feststellungsantrag stellen, um für mögliche Folgeschäden auch in Zukunft Schmerzensgeld beantragen zu können.
Antrag auf Schmerzensgeld (Muster)
Sie wollen Schmerzensgeld vor Gericht beantragen? An unserem Muster können Sie sich bei der Formulierung des Antrags orientieren:
Adresse
Name des zuständigen Gerichts
Adresse
Ort, Datum
Betreff: Antrag auf Schmerzensgeld
Sehr geehrte Damen und Herren,
namens und im Auftrag der Klägerin/des Klägers erheben wir Klage mit dem Antrag, die Beklagte/den Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin/den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen.
Die Höhe dieses Schmerzensgeldes liegt im Ermessen des Gerichts, soll einen Betrag von XXX Euro allerdings nicht unterschreiten. Hinzu kommen Zinsen in Höhe von XXX Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem XXX (abzüglich am XXX gezahlter XXX Euro).
Mit freundlichen Grüßen
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Unterschrift
Regina H. meint
12. Juli 2020 at 21:55
Den Anspruch mit Hilfe eines Anwalts durchzusetzen, ist nicht immer sinnvoll. Man kann auch den falschen Anwalt erwischen!
In meinem Fall (schwere Körperverletzung durch einen Hund) hat der Anwalt die Sache von Anfang an in den Sand gesetzt. Allerdings gab er offen zur Kenntnis, dass eine Vertretung mit Beratungsschein/PKH für ihn keine Priorität hat.
Entsprechend waren die Bemühungen, zudem mit endloser Verzögerung seit nunmehr 2 Jahren.
Nun hat er offenbar mit der gegnerischen Versicherung einen Kompromiss vereinbart. Gegen Zahlung einer freiwilligen Abfindung ohne Schuldanerkenntnis in Höhe von 500 € wäre die Sache erledigt und spart weitere Mühe.
Allerdings stellt er mir gleichzeitig in Aussicht, dass ich Klage einreichen könne. Gegen Blankovorauszahlung einer erheblichen Summe würde er das übernehmen.
Nun, dazu bin ich nicht bereit. Nach wie vor stehen Argumente, Beweise, eine Zeugin zur Verfügung. Das wurde im bisherigen Verlauf nur sehr verkürzt weitergegeben. Diagnosen der Ärzte wurden gar nicht angefordert. Ebenso stehen Behauptungen der Gegenseite im Raum, für die mir nie ein Beleg übersandt wurde. Der Anwalt nahm sie hin.
Mit den angebotenen 500 € will ich mich nicht abspeisen lassen, angesichts von Verletzungen, die mich über 4 Monate stark beeinträchtigt haben, Einkommenseinbußen sowie Zahlungen für Haushaltshilfe gekostet haben (abgesehen von Narben und Trauma).
So bleibt nur noch der Weg, mich selbst zu vertreten.